Wie steht es heute um Meeresschildkröten?
Meeresschildkröten gibt es auf der Erde seit über 100 Millionen Jahren. Seit Beginn der Industrialisierung vor etwa 200 Jahren, so wird geschätzt, ist die Bestände der Meeresschildkrötenpopulationen um zwei Drittel gesunken, wobei sich dies je nach Gattung unterscheidet. Die Bestände der Grünen Meeresschildkröte sind um etwa 90 Prozent gesunken, während die Lederschildkröten 40 Prozent ihrer Population verloren haben. Sechs der sieben Arten von Meeresschildkröten sind von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als "vom Aussterben bedroht" oder "gefährdet" eingestuft.
Meeresschildkröten spielen eine wichtige Rolle für das Gleichgewicht von Ökosystemen, indem sie sowohl als Jäger als auch als Beute dienen. Meeresschildkröten tragen auch zur Erhaltung der Gesundheit von Seegrasbetten und Korallenriffen bei, indem sie Seegras und Schwämme abgrasen. Dies hilft, die Struktur der Seegrasbetten und Korallenriffe aufrechtzuerhalten, die wichtige Lebensräume für eine Vielzahl von Meeresorganismen darstellen.
Die Hauptgründe für den Rückgang der Populationen von Meeresschildkröten sind die Fischerei, bei der jedes Jahr zehntausende Meeresschildkröten als Beifang getötet werden, die Zerstörung und Verschlechterung von Nist- und Futtergebieten wie Stränden und Korallenriffen, z. B. durch Küstenbebauung und Verschmutzung, illegaler Handel mit Schildkrötenfleisch, Schildkrötenpanzern und Schildkröteneiern, Plastikmüll im Ozean, den Meeresschildkröten aufnehmen oder in dem sie sich verfangen, sowie der Klimawandel, der hauptsächlich durch die Veränderung der Temperatur des Sandes an Stränden, an denen Meeresschildkröten nisten, eine Rolle spielt, durch die das Geschlecht der Jungtiere beeinflusst wird. Die Kombination all dieser Faktoren hat zu erheblichen Rückgängen der Meeresschildkrötenpopulationen weltweit geführt.
Welche guten Maßnahmen gibt es zum Schutz von Meeresschildkröten?
Die Erhaltung einer Tierart bezieht sich auf den Schutz, das Verwalten und die Wiederherstellung von Wildpopulationen der Art, mit dem Ziel, das Überleben der Art zu sichern bzw. das Aussterben zu verhindern. Um ihr Überleben zu unterstützen, müssen wir Änderungen an allen oben genannten Faktoren vornehmen, die zum Rückgang der Populationen von Meeresschildkröten beitragen.
Als Freiwilliger in unserem Mother Nature Marine Turtle and Coastal Conservation Programm in Sansibar bist du Teil der folgenden Aktivitäten, die zum Schutz von Meeresschildkröten beitragen:


Umsiedlung von Eiern und Freilassung von Jungtieren
Du hilfst damit, Meeresschildkrötennester am Strand zu finden, diese in eine geschützte Umgebung umzusiedeln, um die du dich kümmerst und sobald die Schildkröten schlüpfen, sie ins Meer zu entlassen.
Diese Aktivität ist wichtig, da bei Verbleiben der Nester am Strand ein hohes Risiko besteht, dass sie von lokalen Fischern illegal für den menschlichen Verzehr gesammelt werden, was die Anzahl potenzieller Jungtiere reduzieren würde. Wenn wir die Anzahl der Meeresschildkröten erhöhen wollen, müssen wir sicherstellen, dass es so viele Jungtiere wie möglich gibt. Im Meer erreicht nur eines von 1000 Jungtieren nach 15-25 Jahren die Geschlechtsreife und kann sich vermehren, was für das Überleben der Art wesentlich ist.
Junge Schildkröten sollten unmittelbar nach dem Schlüpfen ins Meer entlassen werden, da sie in sehr jungem Alter wichtige Orientierungs- und Überlebensfähigkeiten entwickeln. Um Eier zu legen, kehren weibliche Meeresschildkröten zu Stränden in der Umgebung zurück, in der sie geboren wurden. Wissenschaftler haben Hinweise darauf, dass, wenn Jungtiere in Gefangenschaft gehalten und erst später freigelassen werden, sie niemals den Orientierungssinn entwickeln, der erforderlich ist, um zu ihren Geburtsstränden zurückzukehren und dort zu nisten.

Monitoring von Korallenriffen und Korallenfarm

Einmal pro Woche führen wir via Schnorcheln eine Bestandsaufnahme an einem Korallenriff durch. Freiwillige mit einer PADI Open Water Diver-Lizenz können auch an unseren Aktivitäten zur Korallenfarm teilnehmen.
Diese Aktivität ist wichtig für den Schutz von Meeresschildkröten, da sich Meeresschildkröten, besonders jüngere Schildkröten, gesunde Korallenriffe als Nahrungsquelle, Ruheplatz und Unterschlupf benötigen.

Aktivitäten im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung

Unsere Freiwilligen nehmen Cleanups an an Stränden und in Dörfern teil, beteiligen sich an Recycling- und Upcycling-Aktivitäten und unterrichten über Umweltverschmutzung an örtlichen Schulen.
Dies trägt zum Schutz von Meeresschildkröten bei, da Müll von der Küste womöglich ins Meer gespült wird.
Im Meer halten Meeresschildkröten Plastikmüll für Nahrung, z. B. schlucken sie Plastiktüten, die sie eventuell für Quallen halten. Wenn Meeresschildkröten Plastik aufnehmen, kann dies ihre Verdauungswege blockieren und dadurch zu Unterernährung oder Tod führen.
Meeresschildkröten können sich auch in Plastikmüll verfangen, wie im Meer treibende Fischernetze und Seile oder Sixpack-Ringe. Das kann ihre Bewegung einschränken und Verletzungen oder Tod verursachen.
Darüber hinaus kann der auf Stränden angesammelte Plastikmüll es Meeresschildkröten erschweren, dort zu nisten und ihre Eier abzulegen, was sich auf ihren Fortpflanzungserfolg auswirken kann.

Förderung von Permakultur und nachhaltigem Lebensstil

Zweimal pro Woche wirst du als Teilnehmer(in) unseres Mother Nature Programms in Sansibar an Aktivitäten im Zusammenhang mit Permakultur-Landwirtschaft und nachhaltigem Leben teilnehmen, z.B. der Herstellung von biologisch abbaubarer Seife. Wir haben auch verschiedene Sessions zum Thema Klimawandel, an denen denen du im Rahmen unserer "Climate Mondays" teilnehmen kannst.
Wie hängt dies mit dem Schutz von Meeresschildkröten zusammen?
Permakultur ist ein nachhaltiger Ansatz zur Landwirtschaft und Landnutzung, der keine chemischen Pestizide und Düngemittel verwendet.
Wenn Pestizide und Düngemittel, die in der industriellen Landwirtschaft weit verbreitet sind, ins Meer gelangen, können sie von Meeresschildkröten und anderen Meereslebewesen aufgenommen werden. Pestizide können die Gesundheit von Meeresschildkröten beeinträchtigen, einschließlich neurologischer Schäden, Schwächung des Immunsystems und Krebs.
Düngemittel im Meer können auch das Wachstum schädlicher Algenblüten im Wasser fördern, die Giftstoffe produzieren, die für Meereslebewesen wie Meeresschildkröten, schädlich sein können. Dieser tödliche Prozess heißt Eutrophierung.
Pestizide und Düngemittel im Meer können aber auch indirekte Auswirkungen auf Meeresschildkröten haben, indem sie die Nahrungskette beeinflussen. Wenn Pestizide und Düngemittel bestimmte Arten von Plankton oder anderen kleinen Meeresorganismen abtöten, kann dies sich auf den Rest des Meeresökosystems auswirken, einschließlich der Meeresschildkröten und anderer Arten in der Nahrungskette, die auf diese Organismen als Nahrung angewiesen sind.
Industrielle Landwirtschaft ist auch ein Hauptverursacher des Klimawandels. Die Hauptfaktoren dafür sind die Freisetzung des Treibhausgases Methan durch Massentierhaltung sowie der insatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln, die die Fähigkeit des Bodens zur Bindung von Kohlenstoff reduzieren.
Der Klimawandel beeinflusst Meeresschildkröten auf folgende Weise:
Bei vielen Arten von Meeresschildkröten entscheidet sich das Geschlecht durch die Umgebungstemperatur, der die Eier ausgesetzt sind. Wenn durch Klimawandel die Temperatur der Eier steigt, kann dies zu einem höheren Anteil von Weibchen führen, was zu einem Ungleichgewicht im Geschlechterverhältnis der Population führen kann. Dies kann negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Population und die Aufrechterhaltung einer stabilen Populationsgröße haben. Steigt die Temperatur der Eier zu sehr, dann entwickelt sich im Nest eventuell insgesamt weniger Jungtiere.
Der Klimawandel beeinflusst auch die Meeresströmungen. Veränderungen in den Mustern und der Stärke der Meeresströmungen können die Migrationsmuster von Meeresschildkröten stören und es ihnen erschweren, geeignete Nist- und Futterplätze zu finden.
Der Anstieg des Meeresspiegels und vermehrte starke Stürme und Überschwemmungen, die durch Klimawandel verursacht sind können zum Verlust und zur Degradierung von Niststränden führen.
Durch Klimawandel verursachte Veränderungen der Meerestemperatur und des pH-Werts können Verteilung und Menge von Beutetiere von Meeresschildkröten und somit die Verfügbarkeit ihrer Nahrung beeinflussen.
Änderungen von Wassertemperatur und pH-Wert im Ozean führen auch zur Degradierung von Korallenriffen, die besonders für jüngere Meeresschildkröten wichtig sind.

Umweltbildung

Als Teilnehmer(in) unseres Programms nimmst du an unseren "Ocean Mondays" und "Climate Mondays" teil, in denen wir dir Hintergrundwissen vermitteln, das benötigt wird, um die verschiedenen Faktoren im Zusammenhang mit dem Schutz von Meeresschildkröten und Ozeanen zu verstehen.
Du kannst dann diese Themen im Rahmen der Umweltbildung, die wir organisieren an örtliche Schulkinder und Touristen weitergeben. Touristen sollten beispielsweise darauf verzichten, bestimmte Fischarten und Meeresfrüchte zu konsumieren, die nicht nachhaltig gefangen wurden.
Die industrielle Fischerei ist ein Hauptgrund für den Rückgang der Meeresschildkrötenpopulation. Die Fischereiindustrie verwendet nicht nachhaltige Fangmethoden wie Schleppnetze, Langleinen, Treibnetze, Stellnetze, Töpfe und Fallen, die für den Tod von Meereslebewesen durch unbeabsichtigten Fang (Beifang) oder Verheddern verantwortlich sind.
Etwa 40% aller in der Fischerei gefangenen Tiere sind Beifang. Meeressäugetiere wie Delphine, Meeresschildkröten, Seevögel und viele Fischarten werden gefangen und weil sie nicht für den menschlichen Konsum interessant sind oder ihr Verkauf nicht finanziell attraktiv ist, tot wieder ins Meer geworfen. Das Schicksal vieler verletzt ins Meer geworfener Tiere ist unbekannt. In Langleinen, die Tausende von mit Ködern versehenen Haken an Leinen enthalten, und die bis zehn Kilometer lang sein können, töten viele nicht beabsichtigte Tiere. Meeresschildkröten, insbesondere Grüne Schildkröten, Unechte Karettschildkröten, Oliv-Bastardschildkröten und Lederschildkröten, werden vom Köder angelockt und verfangen sich in den Haken oder verheddern sich in den Leinen und ertrinken.
Zum Schutz von Meeresschildkröten ist es wichtig, dass Touristen und die allgemeine Bevölkerung sich dieser Situation bewusst sind und ihr Verhalten ändern, indem sie industriell gefangenen Fisch ablehnen. Du kannst dies zum Beispiel unterstützen, indem du darüber in sozialen Medien und anderen Kanälen postest. In unseren Mother Nature Camps servieren wir keinen Fisch, der auf nicht nachhaltige Weise gefangen wurden oder Arten, die überfischt sind.
Welche Arten von Aktivitäten sind nicht zu empfehlen im Zusammenhang mit dem Schutz von Meeresschildkröten?
Es gibt viele Projekte auf der ganzen Welt, die vorgeben, Meeresschildkrötenschutz zu betreiben, jedoch eher kontraproduktiv sind.
Du solltest im Allgemeinen sehr vorsichtig mit Projekten, die Meeresschildkröten in Gefangenschaft halten (vielleicht mit Ausnahme von kurzfristiger tierärztlicher Behandlung).
Wie bereits erwähnt, besteht der allgemeine wissenschaftliche Konsens heute darin, dass Jungtiere nicht in Gefangenschaft gehalten werden sollten, auch nicht für kurze Zeit, da sie in Gefangenschaft ihre Orientierungs- und andere lebenswichtige Überlebensfähigkeiten nicht entwickeln können, was sie daran hintert, das für die Geschlechtsreife und somit Fortpflanzung benötigte Alter zu erreichen, sowie zum Eierlegen zu ihren Geburtsstränden zurückzukehren.
Das Fangen von Meeresschildkröten aus dem Ozean, um sie zu ihrem "Schutz" vor Tötung wegen ihres Fleischs oder ihrer Panzer in Pools, Teichen oder Aquarien zu halten trägt ebenfalls nicht zum Schutz der Art bei. Um sicherzustellen, dass die Art überlebt, muss die Anzahl der Meeresschildkröten zunehmen. Um dies zu erreichen, müssen die Schildkröten sich vermehren. Meeresschildkröten in Gefangenschaft vermehren sich jedoch üblicherweise nicht.
Gründe, warum sich Meeresschildkröten in Gefangenschaft nicht vermehren:
Fast alle in Gefangenschaft gehaltenen Schildkröten sind Weibchen. Nur weibliche Schildkröten schwimmen nahe der Küsten, um zu nisten, und werden daher von Fischern gefangen. Ohne Männchen können sie sich nicht paaren.
Um zu nisten, müssen Schildkröten zu Stränden in der Nähe des Gebiets schwimmen, wo sie selbst geboren wurden. Wenn sie der Gefangenschaft nicht entkommen können, können sie diese Strände nicht erreichen.
Wenn weibliche Schildkröten gefangen werden, während sie befruchtete Eier in sich tragen, und sie keinen geeigneten Strand zum Nesten finden können, legen sie die Eier im Wasser ab. Diese Eier sind dann alle tot.
Auch wenn männliche und weibliche Schildkröten zusammen in Gefangenschaft gehalten werden, gibt es wenig Zuchterfolg, da Wasserqualität, Temperatur, Beleuchtung, Stress, Gesundheitsprobleme und soziale Dynamik von denen in freier Wildbahn abweichen und ihre Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.
Aktivitäten, die Touristen in Meeresschildkrötenattraktionen angeboten werden, wie Schwimmen mit und Berühren von Meeresschildkröten, sind ein Hauptgrund für Stress und Gesundheitsprobleme von Meeresschildkröten. Du solltest Projekte, die solche Aktivitäten anbieten, unbedingt meiden.
Bei der Auswahl eines Meeresschildkrötenschutzprojekts, für das du dich als Freiwillige(r) engagieren möchtest, sollten du sicherstellen, dass es Aktivitäten unterstützt, die wirklich förderlich für den Schutz von Meeresschildkröten sind, wie in diesem Artikel zusammengefasst. Dies bedeutet möglicherweise, dass du keinen engen Kontakt zu Meeresschildkröten haben wirst, da sich diese im Meer befinden, wo sie hingehören, und nicht in einem Pool oder Teich. Die Aufklärung der Bevölkerung, das Entmüllen von Stränden, die Umsiedlung von Eiern und die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume tragen wesentlich mehr zum Schutz von Meeresschildkröten bei als das Halten oder Kuscheln von Schildkröten.
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